Jörg Baberowski: Räume der Gewalt
Irgendwelche Idioten bashten im November 2015 den Historiker Jörg
Baberowski, also kaufte ich kurzerhand sein neues Buch. Gewalt. Wie
alltäglich und allgegenwärtig sie bis zur Renaissance noch war. Erst
seit wenigen Jahrhunderten ist sie räumlich begrenzt, aber auch
zeitlich: es herrscht nicht permanent Krieg.
Menschen brauchen Grenzen. Gewalt braucht Räume. An der Ostfront im Sommer 1941 waren Bestialitäten alltäglich, die normalerweise unvorstellbar waren. Aber der Gewaltraum wurde durch den totalen Vernichtungskrieg halt eben geschaffen. Was in dem einen Kontext die Tat eines irren Psychopathen ist, ist in einem anderen Kontext der Alltag eines tapferen Soldaten.
Stalins Säuberungen fanden nicht statt, weil der rote Terrorstaat
allmächtig war, sondern weil er schwach war. Er musste seine Macht durch
Grausamkeit zur Schau stellen, um sie nicht zu verlieren. Die
Herrschaft der Kommunisten war durch nichts legitimiert, also mussten
sie sie durch Gewalt und Terror legitimieren.
Machtvakuen entstehen gerade auch anderswo; die Präsidentschaftswahlen 2024 in den USA werden spannend. Was, wenn der medial ausgemachte Verlierer nicht nur das Ergebnis nicht anerkennt, sondern statt der chaotischen Selfiemacher organisierte Gewaltmacher um sich schart? Welche Räume der Gewalt werden sich öffnen?
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