Friedrich Schiller: Maria Stuart
Die Faulheit, dieser Black Rambo,
rammt mir mit voller Kraft ein Brecheisen in den Bauch. Ich ziehe die
Brechstange mit einer Hand und ohne Anzeichen von Schmerz langsam und
genüsslich heraus und blicke lächelnd in die starrenden großen Augen:
"Ja, die Mädchen geben mir Kraft". Ich bin der Freddy Krueger unter den
Klassiker-Lesern, der Alptraum der namedroppenden Möchtegernkenner, die
sich an die Weltlieratur halten, weil sie Weltliteratur ist. Euer
kulturelles Kapital ist Falschgeld! Aber eigentlich bezog sich die
Freddy-Metapher auf den Umstand, dass ich, als ich Maria Stuart für den
Deutschunterricht lesen musste, so stark in ein Mädchen verknallt war,
dass ich dieses quälend langweilige Drama an einem Abend weglas.
Die Geschichte ist bekannt, der Rest
ist Geschichte. Elisabeth, die Königin von England, ist eine alte(rnde)
Jungfer, und ihre schottische Rivalin, Maria Stuart, eine große
Verführerin. Die Männer begehren sie, das Volk liebt sie. Maria ist wie
Voltaire, Elisabeth ist wie Kant. Und sie tut nur ihre Pflicht: weil
Maria sie in einem Staatsstreich stürzen wollte, muss Elisabeth sie
hinrichten lassen. Doch Maria spottet, dass Elisabeth nur ein Bastard
ist, aber sie selbst durch und durch von royalem Blut. Elisabeth hat
vornehme Blässe, Maria hat Rasse. Aus einem britischen Zickenkrieg der
Spätreformationszeit wird ein deutsches Drama der Weimarer Klassik.
Goethe und Schiller haben anscheinend das 16. Jahrhundert geliebt:
Goethes Faust und Berlichingen, Schillers Don Karlos und Maria Stuart
spielen in dieser Zeit, wobei Goethe das etwas frühere und Schiller das
etwas spätere 16. Jahrhundert favorisiert. Aber das zu deren Lebzeiten
ausgehende 18. war ja auch ein tintenklecksendes Säkulum.
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