Oswald Spengler: Der Untergang des Abendlandes
Über
dieses Buch war ich erst geteilter Meinung, und zwar teilte sich die
Meinung in der Mitte: der erste Teil gut, der zweite schlecht. Doch wenn
man sich durch den Ideologiegehalt eines für seine Zeit aktuellen Werks
stören lässt, tut man dem Werk unrecht, schließlich schreibt der Autor
eben für seine Zeit und will nicht erst Menschen, die in 100 Jahren
leben werden, etwas sagen. Nehmen wir zur exakten Genausierung des
Gesagten ein frisches Werk: auch Steven Pinkers großartig optimistisches
Buch "Aufklärung jetzt" ist dann Mist, denn es strotzt vor Ideologie
und ist alles andere als objektiv.
An sich sind die Analysen des Kulturmenschen und Kunstkenners Spengler
durchaus zutreffend und heute noch aktueller als zur Zeit der
Niederschrift, als sie schon hochbrisant waren. Es bleibt ein Klassiker,
an dem ein Nichtidiot nicht vorbeigehen kann, ein Fachidiot schon, d.
h. nicht alle intelligenten Menschen werden sich dafür interessieren.
Was der "Untergang des Abendlandes" heute bedeutet, ist allerdings nicht
dasselbe wie vor 100 Jahren: damals gab es noch breite windows of
opportunity, heute ist Untergang, nein, Untergegangenheit eine
vollendete Tatsache. Die postmoderne Flucht in den Post- und
Transhumanismus wie die schon abgeschlossene Feminisierung und laufende
Infantilisierung der westlichen Gesellschaft belegen dies. Mit welchen
Mitteln man damals den Untergang verhindert hätte, ist heute
Fahrradkette.
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