Oskar Lafontaine: Das Herz schlägt links/Die Wut wächst
Lafontaine wird uns alle zurückschicken! So dachten tatsächlich einige Russlanddeutsche während des Wahlkampfs 1998. Und dann gewann die SPD. Und schon bald trat er zurück. Wenige Tage nach meinem 16. Geburtstag durfte ich in Niedersachsen lokal wählen und stimmte für Klaus Wiswe von der CDU. Das Amt, in welches er damals erstmals hineingewählt wurde, hatte er bis 2021 inne. Der Gegenkandidat war Peter Struck. Snake eyes, jedenfalls auf dem 99-er Wahlplakat.
Ich lebte bei Lafontaines Rücktritt noch nicht im Internetzeitalter. Im Gymnasium hatten wir einen Computerraum, in dem ich an seinem Rücktrittstag für eine Stunde surfen durfte. Sein erster, privater Fernsehauftritt ein paar Tage später war sympathisch, auch seine Haltung zum völkerrechtswidrigen Angriff der NATO auf Jugoslawien. Und dann kam schon das erste Buch raus. Ich las es mit Verzögerung. Would he double down? Yes! Die Wut wächst las ich kurz nach dem Erscheinen und ergriff in den folgenden Jahren Partei für die Linke/PDS/WASG.
Die sozialen Missstände der asozial gewordenen sozialen Marktwirtschaft
fasste der Sozialist leidenschaftlich zusammen. Die Wahlen nach den
Hartz-Reformen waren für die Linke dann auch große Erfolge, und es war
scheinbar eine Frage der Zeit, bis sich eine Partei links von der SPD im
politischen System der BRD fest etablieren würde. Doch das Land krankt
an der pathologischen Flucht zur Mitte, die immer dann losbricht, wenn
größere Probleme kommen.
Auch eine Partei rechts von der Union konnte sich letztlich nicht etablieren, außer lokal in Sachsen. Doch der Sonderweg der 5% ist, genauso wie das in einem soliden Bundesland undenkbare Rot-Rot-Grün im "linksversifften" Berlin, eine Ausnahme. Und so kommen wir zurück zur Wahl von 1998: Die neue Mitte, so nannte sich damals die SPD, und ward damit siegreich.
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