G. W. F. Hegel: Vorlesungen über die Ästhetik
Auf dem Heimweg vom Alexanderplatz
(drei Kilometer geradeaus nach Norden) las ich Anfang Mai den dritten
Band von Hegels Ästhetik. Ich las im Gehen; die Sonne schien, das
Suhrkamp-Taschenbuch ist nicht viel größer als ein Smartphone. Zuvor
hatte ich die Aeneis von Vergil fast bis zum Schluss gelesen, und nun
bestätigte Hegel meinen Eindruck, indem er auf mehreren Seiten
ausführte, was ich selbst etwas kürzer gefasst über die Aeneis bereits
gedacht hatte.
Das Parallellesen von Büchern lässt
oft vermutete und manchmal auch unerwartete Überschneidungen geschehen,
und erst durch diese Aha-, Oho- und Uhu-Effekte kann man erkennen,
wieviel man vom Gelesenen behalten und weiterverarbeitet hat. Zu meiner
Zufriedenheit ringen bei mir die Bells durchaus oft.
Es war der Juli 2021, als ich aus
Ärger über die mit sinnlosem Gelaber mit Mitmenschen vergeudete Zeit die
vergilbte Suhrkamp-Ausgabe der Ästhetik ausgrub, vor über 10 Jahren als
20-bändige Gesamtausgabe im Vorhof der HU Berlin für 30 Euro
antiquarisch gekauft, und seit knapp 10 Jahren davon ausgegangen, mit
Hegel abgeschlossen zu haben, und on top zum damals noch recht
anstrengenden 40-Stunden-Job und der ohnehinnigen
Mehrfach-Parallellektüre aus vielerlei Disziplinen zu lesen begann.
Das ästhetische Ideal wird in der symbolischen Kunst noch nicht erreicht, in der klassischen genau erfasst und in der romantischen übertrieben. Die Architektur ist symbolisch, die Skulptur klassisch, alle anderen Künste romantisch. Doch innerhalb jeder Disziplin wiederholt sich die Dreiteilung. Fraktale, Attraktoren und all das abstrakte Zeug, das Hegels unzählihge Dreischritte ausdrückt, habe ich in Fieberträumen sogar ohne Worte erfassen können. Angesichts der Exaktheit der Formulierung und der Klarheit der Systematik fällt Hegels Ästheik also extrem geschwätzig aus, 100 Seiten hätten für alles gereicht, aber, nun gut, es ist ja auch eine Vorlesungsnachschrift.
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