Michael Tomasello: Mensch werden
Wir sind ja gar keine asozialen Arschlöcher! Im Gegenteil, Menschenkinder entwickeln sich, egal in welcher Kultur oder Zivilisation, sogar prosozial, wenn sie nicht in ihrer natürlichen Entwicklung gestört werden. Tomasello ist einer der führenden Forscher auf dem betreffenden Gebiet. In diesem Buch präsentiert er die Ergebnisse seiner jahrzehntelangen Forschung und zeigt genuin menschliche Entwicklungspfade auf, die sich vom Säuglingsalter bis zum Schulalter entfalten, und sich deutlich von denen anderer Menschenaffen unterscheiden.
Gemeinsame Aufmerksamkeit und
Intentionalität mit neun Monaten führen über eine egalitäre
Ich-Du-Beziehung mit drei Jahren letztlich zu einem Wir als gemeinsamen
Akteur mit fünf Jahren. Der Mensch hat eine angeborene Anlage zu
Gesellschaft und Kultur.
Hypersozialität kann wiederum zu Überanpassung führen, was im Extremfall im Faschismus münden kann: die eigene Gruppe als Wir, die andere Gruppe als Die, und schon ist jede Fairness und Humanität vorbei. Aber so weit zu denken, ist die Aufgabe der Erforschung der Sozialisierung von Schulkindern. Für das Vorschulalter ist zunächst wichtig, zu lernen, wie Kinder überhaupt lernen, auf welcher emotionalen und logischen Basis Mitgefühl und Gerechtigkeit, Gegenseitigkeit und Respekt beruhen.
Das Buch macht optimistisch, was nicht vielen naturwissenschaftlichen Büchern gelingt. Wer aus einem Fazit wie "Der Mensch ist doch nur ein Tier" etwas Positives für sich gewinnen kann, wird den Grund dafür kennen. Für die, die keine Niedertracht in ihrem eigenen Verhalten mit allgemeinen Erkenntnissen entschuldigen wollen, sondern auf der Suche nach Hoffnung bezüglich der Zukunft der Menschheit an den Tierischeren ihrer Artgenossen zunehmend verzweifeln, ist dieses Buch Gold wert.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen