Slavoj Žižek: Sex und das verfehlte Absolute

 

 

 

 

 

  Dass die ernüchterndste Ontologie der Weiblichkeit ausgerechnet von einem linksliberalen Philosophen kommt, dazu noch dem berühmtesten seiner Zeit, war nicht zu erwarten. Der Lacanisator Hegels sagt im Grunde, dass die menschliche Gattung aus nur einer Art besteht: dem Mann. Die Frau ist ein Teil vom Rest, der nicht definiert ist, genauso wie der Homo- und Transsexuelle, der Transmensch usw. Es gibt nicht zwei Geschlechter, sondern Einskommairgendwas. Die Frau ist keine Art, sondern die Gattung selbst, die sich reproduziert. Žižek sagt nicht "Die Frau ist nichts", aber "Die Frau (als Gegenpart zum Mann) gibt es nicht".

Das ist nicht so radikal wie Weiningers "Das absolute Weib hat kein Ich" (d. h. die Frau ist nichts), aber auf subversive Art noch "frauenfeindlicher" als das: Weininger meint das absolute, ontologisch reine Weib als die Null, für Žižek gibt es überhaupt keine Frau. Der Psychologiephilosoph verlässt das Ontologische und setzt die Reflexion der Geschlechtlichkeit ins Empirische. Hegels Diakektik ist da nur nebensächliches Beiwerk.

Aber gut, wir sind bei Lacan. Das Reale muss einbrechen, wir müssen unsere Illusionen verlieren. Das ist der Zwang der Aufklärung. Und ja, es fällt in der Empirie durchaus auf: je symbolischer die Geschlechtsmerkmale, umso weiblicher erscheint mir die Frau. Je natürlicher die Geschlechtsmerkmale, umso mehr lässt mich das Real-Weibliche kalt; gegenüber einer bloßen nackten Frau bin ich nicht nur ästhetisch, sondern auch sexuell indifferent, und zwar als heterosexueller Mann mit starkem Trieb. Jouissance, hieße das wohl bei Lacan. Und es ist kein größerer Genuss des Weiblichen möglich, als bei ultraluxuriösem lesbian BDSM. Das bloße Ficken ist öde.

Da es keine Zwei sind, sondern nur Eins und der Rest, können wir in der Sexualität das Absolute nur verfehlen. Da ist der radikal rechte Julius Evola optimistischer. Er sieht gerade in der Sexualität die Möglichkeit der Selbsttranszendenz für Mann und Frau, die Verwirklichung des Menschen als Mehr-als-Menschen. Žižek sieht in der Sexualität nur Frustration und Ernüchterung.

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