Frank Bösch: Zeitenwende 1979
Ingolf
Ahlers, Professor an der Universität Hannover, und physiognomisch eine
äußerst gelungene Mischung aus Al Pacino und Volker Finke, predigte
schon 2005 in den Politik-Seminaren, dass nicht 1968 oder 1989, sondern
1979 das Jahr der Zeitenwende war. Insbesondere mit der islamischen
Revolution im Iran entstand die multipolare Welt, in der wir heute
leben, und die der militärisch-industrielle Komplex der USA nach dem
Schema "Problem-Reaktion-Lösung" als vermeintliche Antwort auf 9/11 in
eine unipolare verwandeln wollte.
Bösch nimmt das Jahr 1979 gründlich unter die Lupe und zeigt, dass in
diesem einen Jahr mehr wurzelt als uns heute bewusst ist. Der
Neoliberalismus, die ökologische Bewegung, die Flüchtlingskrise und die
Holocaust-Aufarbeitung begannen im Grunde 1979. Heute hat der
Neoliberalismus längst im Scheitern die Nachfolge des Kommunismus
angetreten, die Umweltbewegung ist so wichtig wie noch nie, die ewige
Debatte über die Migration wird alle zehn Jahre so geführt, als wäre
nicht genau das Gleiche noch vor zehn Jahren auf unspektakuläre Weise
gutgegangen, und was die Holocaust-Aufarbeitung betrifft, so ist ein
verspäteter "Schuldkult" besser als weitere Jahzehnte des Leugnens und
Verdrängens.
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