Wolfgang Weimer: Logisches Argumentieren




  Ein blaues Reclam-Heft für den Unterricht lässt sich in der Hochsommer-Hitze leicht in den Vertiefungen der Kleidung transportieren. Und ich war gespannt, was denn noch über die Logik und das Argumentieren gesagt werden kann, das noch nicht gesagt wurde. Es war eine leichte bis moderate Überraschung, festzustellen, dass ein Logik-Lehrbuch durchaus unterhaltsam sein kann.

Das Buch ist offenbar für echte Menschen geschrieben, die viel Alltag und Smalltalk erleben, und an Gesprächsthemen orientiert, die eher wenig mit dem Logik-Unterricht zu tun haben. Dieses Buch würde den alten Spruch bestätigen, dass wir (in der Schule) für das Leben, und nicht für die Schule lernen.

Jede Aussage, ausnahmslos, gründet auf einem Vorurteil, auf einer als gegeben genommenen Voraussetzung. Es gibt keine tabula rasa beim logischen Argumentieren, insofern das Gespräch einen bestimmten Inhalt hat. Die eigenen Vor-Urteile kann man sich bewusst machen, sie abstreiten, oder ihrer gar nicht erst gewahr sein. Im Buch sind Beispiele vorhanden.

Besonders gefreut hat mich der Abschnitt über das geschlossene Weltbild, ein System von Vorurteilen und Überzeugungen, das strukturell so aufgebaut ist, dass jeder logische Widerspruch das gegebene geschlossene Weltbild bestätigt. Jede Aussage, die ein christliches Dogma in Frage stellt, kann innerhalb des geschlossenen christlich-fundamentalistischen Weltbilds widerspruchsfrei als eine Lüge des Teufels dargestellt werden, vorgebracht, um den Glauben des Christen zu prüfen. Und selbst ein liberales Weltbild kann geschlossen sein. Ein offenes Weltbild lässt seine eigene Widerlegung zu, und wird daher kaum bei Menschen zu finden sein, die ihre Identität auf Überzeugungen gründen.

Lebensnah geht es mit wichtigen Fragen des logischen Argumentierens weiter, zuweilen eher verquasselt als trocken, was so einem Buch aber gut tut.

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