Posts

Es werden Posts vom Juni, 2023 angezeigt.

Luis Alegre: Lob der Homosexualität

          Gestern habe ich zum ersten Mal den Buchladen Eisenherz in Berlin-Schöneberg besucht. Dort kaufte ich vier Bücher, und las eines davon gleich auf dem Weg, was sich dann tief in die Nacht fortsetzte, womit es sich nun um eines der wenigen am Stück gelesenen Bücher handelt (18:00 bis 2:50 mit Unterbrechungen). Der spanische Philosophieprofessor Luis Alegre hat ein Lob der Homosexualität verfasst, dem ich mich weitgehend anschließen möchte. Was mir schon immer klar war, das führt Alegre als den Hauptgrund der Homophobie im heteronormativen Patriarchat und umso mehr in autoritären und totalitären Gesellschaften an: die Heterosexuellen neiden den Homosexuellen ihre Freiheit. Wenn eine Gesellschaft die Sexualität der Menschen kontrolliert, kontrolliert sie ihre Psyche. Mehr Gleichschaltung braucht es nicht, wenn die Staatsmacht oder die Kirche oder die Familie einen Schlüssel zu deiner Privatsphäre hat. Die unfreiesten Gesellschaften sind ...

Wolfgang Weimer: Der Homo sapiens im Alltag

          Eine kurzweilige Kurzgeschichtensammlung, kurz: Hochsommerlektüre. Los geht es aber nicht mit dem Homo sapiens , sondern mit dem Homo grausamensis , der als Jungtier in Begleitung von Artgenossen ein Tier der Art Mus musculus quält. Und dann erscheint ihm die kleine Maus groß im Traum und lässt ihn großes Kino erleben: die Welt aus der Perspektive der Tiere. Teilweise geht es erzählerisch zu wie in Hallidays Urwelten; es ist die längste Kurzgeschichte im Buch, aber der Leser will hier am wenigsten, dass sie aufhört. Dass es endlich aufhört, will der Leser bei den vielen deprimierenden Geschichten unbedingt, die nicht kurz genug sein könnten, und doch lang genug sind, um eine miese Stimmung zu hinterlassen. Zum Glück sind sie mit heiteren und unterhaltsamen Geschichten vermischt. Eine besonders harte Geschichte eines gescheiterten und zum Suizid entschlossenen Lebens mit einer überraschenden Wendung wird der Leser nicht so schnell verg...

Arne Hoffmann: Männerbeben

          Das Standardwerk des linken Maskulisten Arne Hoffmann "Sind Frauen bessere Menschen?" war vergriffen und wurde nicht mehr nachgedruckt. Es war auch antiquarisch nicht mehr zu erwerben: kaum 10 Jahre alt, schon war das Buch zu einer Legende geworden. Aber "Männerbeben" wiederholt größtenteils die The- und Problematiken, und so bestellte ich mir dieses damals neue Buch und las es Anfang 2010. Arne Hoffmanns Blog Genderama entdeckte ich alsbald auch, und noch lange bevor ich mir resignierte und vom weiblichen Egoismus und Solipsismus enttäuschte MGTOW-Youtuber anhörte, wurde mir klar, dass Frauen die emanzipatorischen Fortschritte nicht mit Männern teilen wollen: Frauen wollen das Beste aus beiden Welten (Tradition und Moderne) für sich behalten und das Schlechteste aus beiden Welten Männern überlassen. Frauen wollen alles selbst entscheiden dürfen, und erwarten dafür Respekt (die Bescheidenen), Unterstützung (die Meisten) oder sogar...

Slavoj Žižek: Die Paradoxien der Mehrlust

          Ein intellektuell anspruchsvolles Werk, bei dem es schwerfällt, festzustellen, worum es eigentlich geht. Noch schwerer ist, zu sagen, worum es nicht geht. Durch diese seine Art wurde Slavoj Žižek wohl so berühmt, und auch deswegen ist er bei vielen so unbeliebt. Was will er sagen? Worauf will er hinaus? Mit Sicherheit ist Žižek kein Systematiker. Aber das kann man von einem, der zugleich Hegelianer und Lacanianer ist, auch nicht erwarten. Žižeks unkonventionelles Denken kreist um wichtige und aktuelle Themen, er ist ernst zu nehmen und unterhaltsam zugleich. Was er der political correctness vorwirft ist nicht so entscheidend wie seine Begründung. Bei aller Schärfe der Kritik enthält er sich der Falle, Verschwörungstheorien zuzustimmen, oder selbst welche in die Welt zu setzen. Er zeigt, wie die Sache selbst das Subjekt in einen Handlungsrahmen zwingt, den es weder (um)konstruieren noch verlassen kann, und doch sind wir als Subjekte ...