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Es werden Posts vom Dezember, 2022 angezeigt.

A. G. Dugin: Noomachie. Semiten.

          Was ist das Besondere am Judentum? Das Besondere . Das holistische Paradigma der Antike entspricht in der Logik dem Allgemeinen . Das kreationistisch-soteriologische Paradigma der dualistischen Offenbarungsreligionen (die Grunddualität besteht zwischen Gott und der Welt, zwischen der Transzendenz und der Immanenz) steht für das Besondere , und das analytisch-wissenschaftliche Paradigma der Neuzeit entspricht dem Einzelnen (nach der nominalistischen Wende gilt das Individuum bzw. das Einzelding als das einzg Reale). Das Besondere ist einerseits ein Einziges, aber andererseits kein Einzelnes. Der Gott der Juden ist ein Einziger, aber kein Einzelner: im holistischen Paradigma der Antike entspricht Jahwe dem Titanen Kronos. Der Jude definiert sich nicht als ein einzelnes Individuum, das das Judentum praktiziert, sondern als ein Angehöriger eines Volkes, das den einzigen, und somit seinen besonderen, Gott verehrt. Die älteste histori...

A. G. Dugin: Die Evolution der paradigmalen Grundlagen der Wissenschaft

          Von Nicolás Gómez Dávila wissen wir, dass Aktualität der Gipfel der Bedeutungslosigkeit ist. Damit ist auch erklärt, warum Philosophen, die aktuell sein wollen, bedeutungslos sind. Dugin ist einen anderen Weg gegangen: schon in seinen 30-ern las er die Klassiker der philosophischen Kritik der Moderne, und schrieb mit knapp 40 dieses genuin philosophische Werk. Die paradigmalen Grundlagen der allgemein ontologischen Weltanschauung sind die Sphäre, der Pfeil und die Strecke. Da die Wissenschaft nicht im noologischen Vakuum existieren kann, ist sie zu jeder Zeit an das vorherrschende allgemeine Paradigma gebunden. Die traditionelle Weltanschauung ist holistisch, die soteriologische ist ein Pfeil von der voluntaristisch gedachten creatio ex nihilo bis zur Erlösung und die moderne eine Strecke, insofern dass in der Tradition alles im Weltganzen aufgehoben ist, in der Heilsgeschichte der Dualismus von Sein und Nichts vorherrscht, und jed...

Markus Gabriel: Moralischer Fortschritt in dunklen Zeiten

          Ladies & Gentlemen: " Markus Gabriel: Moralischer Fortschritt in dunklen Zeiten: universale Werte für das 21. Jahrhundert ". Der Philosoph des " Neuen Realismus " ( common sense in eigenwilliger Formulierung) räsonniert über Moral, und hat in der Sache durchaus Recht. Sein moralischer Realismus ist aber wiederum nichts anderes als common sense mit Anspruch auf Originalität. Doch seis drum: alles ist besser als der postmoderne moralische Relativismus. Markus macht es sich allerdings sehr einfach, wenn er nach der Ursache der "dunklen Zeiten" forscht, die seiner Beobachtung nach gerade anbrechen: Donald und Vladimir sind wieder an allem schuld. Und ausgerechnet in einem Werk, das klar aufzeigt, dass der Philosoph dem linksliberalen Narrativ verhaftet ist, sprich groupthink betreibt, kritisiert er die auf ebendemselben groupthink basierende Identitätspolitik und deren Vordenker Richard Rorty. Die Alternative des Autors zu...

Hermann Hesse: Der Steppenwolf

          13.12.2022, von 12:30 bis 22:25 las ich den Steppenwolf, d. h. am Stück. Nicht die Begeisterung, sondern die 11 Stunden Schlaf davor machten es möglich. Der Steppenwolf ist das mir meistempfohlene Buch, deshalb vorab: Nein, es geht mir nicht wie dem Steppenwolf. Keine zwei Seelen wohnen in meiner Brust; einerseits ist es nur eine, andererseits, wie auch die Weisheit dieses Werks nahelegt (und was mir schon vorher bekannt war), unzählig viele. Doch nicht so wie bei HH, dem Protagonisten, sondern kontrolliert, reflektiert, bewusst. Denn meine Interpretation des Werks ist: HH ist schizophren und die ganze Geschichte des "Nachholens" all dessen, was er durch sein Leben im Geistigen verpasst hatte, ist nicht in der Realität, sondern im Wahn passiert. Bereits wie HH zum Traktat kommt, lässt darauf schließen: als hätte jemand ihn sein ganzes Leben lang beobachtet, und zwar von innen! HH ist verrückt, als er die Schrift "Nur für Verrückte"...

Wladislaw Jachtchenko: Weiße Rhetorik

          Was lernt, für den Hirnforschung kein Fremdwort ist, aus dem Buch von Wladislaw Jachtchenko "Weiße Rhetorik: Überzeugen statt manipulieren" vor allem? Dass es ungeheuer mühsam ist, zu argumentieren, und einen großen Aufwand an Energie kostet, andere zu überzeugen. Darum nehmen die meisten Menschen in Diskussionen immer Shortcuts: sie manipulieren, sie werden emotional, sie gaslighten (in den USA wohl Wort des Jahres 2022). Der Autor will aber, dass wir vernünftig miteinander reden. Die besten "weißen Rhetoriker", denen ich zuhören durfte, konnten (und wollten) mich nie überzeugen. Selbst die argumentationsstärksten Redner und Onlinediskutanten merken nämlich nicht, dass sie gar nicht erst versuchen, den Gesprächspartner zu überzeugen , sondern bloß dem Gespächspartner mit den besten Argumenten nur zeigen, wie überzeugt sie selbst von ihrer Meinung sind . Wem es aber darum geht, andere zu überzeugen, der muss wohl das Buch von Wladisla...